Digitalisierung von Banken: agile Lösungen sind gefragt
„Morgen kann kommen“ statt „Wir machen den Weg frei“: Der aktuelle Markenclaim der Volks- und Raiffeisenbanken beschreibt treffend die Herausforderungen der Branche. Die Rolle der Banken hat sich geändert und neue Konzepte für die Zukunft sind gefragt.
Der neue Claim wurde bereits im März 2020 eingeführt, gerade zu Beginn der Corona- Pandemie. Schon damals war klar, dass die weitere Digitalisierung eine der Hauptaufgaben für „morgen“ ist. Obwohl Banken objektiv betrachtet schon lange weitestgehend digital arbeiten, werden sie öffentlich oft anders wahrgenommen: als konservative und träge Unternehmen, die von Tech-Konzernen und FinTech-Startups überholt und bald abgelöst werden könnten.
Woran liegt diese Wahrnehmung? Welche Probleme bremsen die weitere Digitalisierung von Banken und wie lassen sich diese überwinden?
Ein breites Angebot ist Stärke und Hindernis zugleich
Banken sind traditionell Universaldienstleister für den Finanzsektor. Sie bieten Menschen Zugang zum Kapitalmarkt: vom Sparbuch, über Wertpapierdepots bis zu großen Investitionskrediten. Wer Geld anlegen wollte oder welches benötigte, konnte damit lange nur zu seiner Bank gehen.
Heute gibt es praktisch für jeden Bereich des Finanzmarkts eigene Angebote. Anbieter picken sich Teile der Wertschöpfungskette heraus und entwickeln spezialisierte Produkte dafür: für Zahlungen, Wertpapierhandel, Crowdfunding, Kryptowährungen und so weiter. Oder sie bieten bekannte Produkte wie Girokonten an, die auf spitze Zielgruppen zugeschnitten sind und zusätzliche Funktionen bieten.
Um nicht überflüssig zu werden, müssen sich Banken auf ihre Stärken konzentrieren: auf ihr breites Portfolio, ihre Beratungskompetenz, ihre persönlichen Kundenkontakte. Finanzgeschäfte sind Vertrauenssache. Nicht jeder Kunde möchte seine Finanzen in die Hand anonymer Tech-Firmen legen. Viele schätzen es, persönliche Ansprechpartner in etablierten Unternehmen zu haben, die sich um ihre finanziellen Angelegenheiten kümmern.
Die breite Angebotspalette bringt jedoch bei der Digitalisierung einen großen Nachteil mit sich: für die Verwaltung sind komplexe, kaum überschaubare IT-Systemlandschaften nötig. Sie sind teuer im Betrieb und lassen sich nur langsam weiterentwickeln. Cyberbedrohungen und gesetzliche Regulierungen kommen erschwerend hinzu. Die komplexen Systeme hindern Banken daran, schneller und agiler zu werden. Warum wäre genau das so wichtig?
Digitalisierung erfordert Agilität
Die meisten Bankgeschäfte lassen sich heute bereits digital erledigen; und bei den restlichen ist der persönliche Kontakt oft erwünscht oder vorgeschrieben, etwa bei Immobiliengeschäften. Einfach alles zu digitalisieren kann also nicht der richtige Weg sein. Wie finden Banken heraus, was sich die Kunden wünschen und welche Lösungen den größten Erfolg bringen?
Indem sie Trends schnell aufgreifen und laufend neue Angebote, Features und Produkte entwickeln, auf den Markt bringen und testen. Anhand des Kundenfeedbacks lernen sie, was angenommen wird und was nicht, und können ihre Angebote schrittweise optimieren. Kurz gesagt: indem sie agil arbeiten.
Genau das ist die Stärke der globalen Tech-Konzerne wie Google, Apple, Facebook und Amazon („GAFA“), die auf Bergen von Kundendaten sitzen. Sie sind in Wahrheit die größte Bedrohung für die etablierten Banken – nicht die anderen Banken.
Wie müssen Banken ihre IT verändern, um agiler zu werden?
IT der zwei Geschwindigkeiten
Ursprünglich wurden IT-Systeme in Banken eingesetzt, um Finanztransaktionen abzuwickeln. Solche Systeme sind auf maximale Stabilität und Sicherheit ausgerichtet und werden nur behutsam weiterentwickelt.
Als später digitale Lösungen für die Kundenschnittstelle hinzukamen, wurden dieselben Prinzipien angewendet und ähnliche IT-Architekturen verwendet. Die Systeme für Marketing und Vertrieb waren nie darauf ausgelegt, schnell und flexibel zu sein. Und genau hier liegt das aktuelle Problem.
Für Banken empfiehlt sich daher der Umbau ihrer Systemlandschaft nach dem Prinzip der bimodalen IT, oder der IT der zwei Geschwindigkeiten.
Für die Kernsysteme gelten weiterhin die Maximen Sicherheit, Stabilität und Effizienz: das ist und bleibt die traditionelle IT. Daneben muss eine Plattform aufgebaut werden, auf der die Lösungen an der Kundenschnittstelle betrieben werden: für sie liegt der Fokus auf Agilität, Skalierbarkeit und User Experience. Was leistet eine solche sogenannte Digital Experience Platform (DXP) für eine Bank?
Agiles Marketing mit einer Digital Experience Platform
Traditionelle IT-Systeme sind monolithisch aufgebaut: große Lösungen aus einem Stück, die mit jedem zusätzlichen Feature noch größer werden. Der Aufbau einer Digital Experience Platform unterscheidet sich grundsätzlich: sie besteht aus vielen, kleinen und größeren Modulen, die über Schnittstellen miteinander verbunden sind. Die Module sind austauschbar.
Eine DXP ist prädestiniert für Banken mit ihren breiten Portfolios, ihren hunderten Produkten und Services. Sie verleiht IT, Marketing und Vertrieb die erforderliche Agilität. Wie? Durch die Modularität können neue Produkte oder Features in die Plattform integriert (und wieder entfernt) werden, ohne das Gesamtsystem zu beeinträchtigen.
So lassen sich etwa Angebote wie eine virtuelle Filiale, ein neuer Self-Service oder ein Chatbot leicht testen und auswerten. Über personalisierte Angebote und Funktionen können unterschiedliche Zielgruppen individuell bedient werden – hier liegt großes Potenzial.
Alle Services greifen auf dieselben Daten und denselben Content zu; auch unterschiedliche Kanäle wie Website, App oder ein internes System für Kundenberater. Dadurch wird auch die Pflege der Plattform deutlich effizienter: Content-Manager und Marketer verwalten den gesamten Content und steuern alle Kampagnen in einer Oberfläche; sie müssen nicht mehr zwischen Systemen springen oder gar Inhalte manuell kopieren.
Mit einer DXP schaffen Banken die Grundlage dafür, ihre Marktposition auch im aktuell anspruchsvollen Umfeld weiter auszubauen: Einerseits können sie sich weiterhin als vertrauenswürdiger Partner für ihre Kunden positionieren, mit einem breiten Produkt- und Leistungsspektrum. Gleichzeitig gewinnen sie an Geschwindigkeit und Agilität, um im Rennen mit Tech-Konzernen und Start-ups mithalten zu können.