E-Commerce-Trends 2023: 3 Trends, die das Online-Shopping verändern
Einige „E-Commerce-Trends“ werden seit Jahren gepredigt, haben sich jedoch bisher kaum durchgesetzt – siehe das Metaversum. Manche sind längst zum Standard geworden – siehe Click & Collect. Und wieder andere kommen fast unbemerkt daher und schicken sich an, die Branche tiefgreifend zu verändern.
Auf letzte werfen wir in diesem Artikel ein Blick. Statt lange Listen aufzustellen, analysieren wir drei Top-Trends im E-Commerce des Jahres 2023, die das Online-Shopping verändern werden.
1. Ultra-Convenience und Hyper-Personalisierung
Alle reden von Convenience: möglichst bequem und mühelos muss der Einkauf für die Kunden sein. Doch seien wir ehrlich: in vielen Online-Shops hat sich in den vergangenen Jahren nicht viel getan. Kataloge durchsuchen, Produkt in den Warenkorb legen, bestellen.
Doch aktuell tut sich etwas bei Händlern und Herstellern. Hauptsächlich aus drei Gründen:
Nach dem (vorläufigen) Ende der Corona-Pandemie gehen die Wachstumsraten im E-Commerce zurück, gleichzeitig steigt der Wettbewerb. Die Kunden müssen begeistert werden, um sie für die eigenen Angebote zu gewinnen.
Mit den Brot-und-Butter-Themen Auswahl, schnelle Lieferung und günstige Preise kann man gegen Amazon und andere Platzhirsche nicht gewinnen; Alleinstellungsmerkmale sind erforderlich.
Mittlerweile ist die Technologie verfügbar, um neue, außergewöhnliche Customer Experiences bieten zu können.
Zwei Schlagworte beschreiben, womit E-Commerce-Unternehmen Marktanteile und die Loyalität der Kunden gewinnen möchten: Hyper-Personalisierung und Ultra-Convenience. Beide gehören zusammen.
Wie lässt sich Ultra-Convenience schaffen, also das höchste Level an Bequemlichkeit und Nutzerfreundlichkeit? Einerseits durch das perfekte Zusammenspiel aller Faktoren: intuitive Benutzeroberflächen, blitzschnelle Ladezeiten, hochwertige Produktpräsentationen, personalisierte Empfehlungen, einfache Zahlungsoptionen, nahtlose Check-outs und sofortige Belohnungen, etwa durch Gamification.
Andererseits reicht es nicht mehr, dem Kunden alle Optionen anzubieten und die Wahl zu lassen. Stattdessen sollte im Idealfall bereits „vorausgeahnt“ werden, was der Kunde möchte und was für ihn am bequemsten ist, und ihm genau das angeboten werden.
Die Hyper-Personalisierung trägt zu diesem Ziel bei. Angebote, Services und Content müssen möglichst individuell auf jeden einzelnen Kunden zugeschnitten sein, um dessen Erwartungen perfekt zu erfüllen.
Schauen wir einige Fallbeispiele an, wie sich solche Konzepte umsetzen lassen.
Personalisierte Omnichannel Customer Journeys
Fallbeispiel: Ein Kunde möchte seine Terrasse begrünen und sucht im Online-Shop einer Gartencenter-Kette nach Palmen. Zwar kann die Palme auch online bestellt und geliefert werden. Jedoch schlägt der Shop vor, die Palme im nächstgelegenen Gartencenter direkt anzusehen. Auf Wunsch wird sie bereits für ihn verpackt und er kann eine persönliche Beratung zur Pflanzenpflege vereinbaren. Ist die Palme zu groß fürs Auto, kann der Kunde sie doch liefern lassen.
Fallbeispiel: Eine Kundin testet im Elektro-Markt verschiedene Smartphones. Sie kann ein Foto eines Modells machen, in die Kunden-App hochladen und im Online-Shop nachschauen, was es dort kostet. Die App bietet ihr dazu weiteren Content und eventuell einen Rabatt an: Diesen kann sie direkt im Laden oder bei der Online-Bestellung einlösen.
Wie bereits erwähnt, müssen die angebotenen Customer Journeys personalisiert und auf den Kontext zugeschnitten sein: etwa abhängig von der Uhrzeit, dem Standort des Kunden oder seinen bisherigen Gewohnheiten. Wenn etwa das Ladengeschäft gerade geschlossen oder zu weit weg ist, wird die Online-Bestellung empfohlen – oder der Anreiz für die Abholung im Geschäft muss stärker ausfallen.
Personalisierte Kaufberatung
Fallbeispiel: Eine Kundin möchte ihr Wohnzimmer neu dekorieren. Sie macht Fotos davon und lädt sie in den Online-Kaufberater eines Einrichtungshauses hoch. Die Software vermisst das Zimmer und analysiert das Farbspektrum der vorhandenen Einrichtung. Daraufhin bekommt die Kundin personalisierte Vorschläge für Dekorationen, die in den Raum passen. Sie kann die Produkte per Augmented-Reality-Funktion direkt in ihrem Wohnzimmer ansehen und per Klick in den Warenkorb legen.
Durch verbesserte Technologien im Bereich künstlicher Intelligenz und Augmented Reality können mittlerweile „echte“ virtuelle Kaufberater entwickelt werden, die wirklich personalisiert beraten.
Echtzeit-Service rund um die Uhr
Warten, bis am nächsten Tag die Hotline wieder öffnet? Das klingt nicht ultra-convenient. Service-Angebote müssen zu jeder Zeit verfügbar sein. Kunden möchten rund um die Uhr Hilfe.
Neben dem persönlichen Kundenservice spielen in diesem Kontext Chatbots (Conversational AI) eine immer größere Rolle. Sie werden nicht nur intelligenter, sondern müssen mit mehr Rechten ausgestattet werden. So könnte ein Chatbot Retouren und Rückerstattungen bis zu einem gewissen Höchstbetrag veranlassen, ohne dass ein Mensch die Zahlung freigeben muss.
Intelligente Suche und Empfehlungen
Auch die gute alte Suchfunktion rückt durch die Trends Convenience und Personalisierung wieder stärker in den Fokus. Kunden möchten nicht erst lange ausprobieren, mit welchen Suchbegriffen sie die gewünschten Produkte finden.
Statt einzelner Wörter sollte die Suche ganze Sätze und Fragen verstehen – dank Conversational AI funktioniert das immer besser. Die Suchergebnisse sollten personalisiert sein, basierend auf der Kundenhistorie und den Vorlieben ähnlicher Kunden.
Oder besser noch: Kunden müssen erst gar nicht suchen, sondern bekommen automatisch passende Produkte empfohlen, die sie interessieren könnten.
2. Permission-Marketing
Ultra-Convenience und Hyper-Personalisierung setzen beide einen wichtigen Faktor voraus: der E-Commerce-Anbieter muss den Kunden möglichst genau kennen. Anders ausgedrückt: Er benötigt möglichst viele Kundendaten.
Die Datensammelei ist den letzten Jahren durch die DSGVO und andere Regulierungen deutlich erschwert worden. Ungefragtes Tracking oder Nutzung von externen Daten (z. B. von Facebook oder Google) sind tabu, Drittanbieter-Cookies werden immer häufiger blockiert.
Das bedeutet: Um personalisierte Erlebnisse bieten zu können, müssen Unternehmen erstens selbst Daten sammeln und zweitens die Erlaubnis der Nutzer dafür einholen. Permission-Marketing erlebt als unser zweiter E-Commerce Trend 2023 eine Renaissance.
Je schneller Kunden im Shop ihre Daten her- und ihre Einwilligung ins Tracking geben, desto schneller und genauer können die Erlebnisse auf sie zugeschnitten werden.
Marken oder Shop-Betreiber müssen also möglichst schnell eine Conversion erzielen, etwa durch:
Registrierung als Kunde
Newsletter-Anmeldung
Download einer Kunden-App
Anmeldung zum Treueprogramm
Wie schaffen sie das? Durch Anreize. Das erwähnte Treueprogramm ist eine Möglichkeit, Sonderangebote oder besondere Funktionen eine weitere. Kunden laden Apps eher herunter, wenn sie darin zusätzliche Funktionen oder Vorteile bekommen: etwa Gratis-WLAN im Ladengeschäft, besondere Rabatte oder eine Zahlungsfunktion.
Kunden müssen in jedem Fall verstehen, wie sie selbst davon profitieren, wenn sie Daten hergeben und sich tracken lassen. Bekannte Marken und Shops haben es natürlich leichter: sie genießen größeres Vertrauen. Doch auch weniger bekannte Anbieter können mit guten Ideen überzeugen – sie müssen sie nur austesten.
Ansonsten stehen Shop-Betreibern eingeschränkte Möglichkeiten der Personalisierung offen: Bei Nutzer-Scoring und -Segmentierung wird ein Nutzer anhand seiner Aktionen in der aktuellen Session einem Nutzersegment zugeordnet. Er bekommt Inhalte und Angebote angezeigt, die auch bei anderen Nutzern desselben Segments beliebt sind. Dazu müssen Nutzer auch einwilligen, sie müssen jedoch nicht bekannt sein. Oder ein Shop führt komplett anonyme A/B-Tests durch; dafür ist keine Einwilligung erforderlich.
3. Nachhaltigkeit
Auch unser dritter E-Commerce-Trend klingt zunächst etwas abgestanden; ist er aber nicht. Das Thema Nachhaltigkeit nimmt aktuell richtig Fahrt auf. Mitverantwortlich dafür sind die EU und Deutschland als Gesetzgeber: etwa durch die Pflicht zur Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten, das Lieferkettensorgfaltsgesetz oder das Verbot, retournierte Produkte zu vernichten.
Gleichzeitig ist das Thema Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Medien täglich präsent und die Kunden sind sensibler geworden. 63 % der Verbraucher gaben 2022 in einer Deloitte-Studie an, dass sie bei ihren Kaufentscheidungen Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen. Das sind mehr als im Vorjahr, trotz angespannter Wirtschaftslage.
Aus vielen Shops bereits bekannt ist die Option, die CO₂-Emissionen für eine Paketlieferung auszugleichen. Kunden müssen dafür einen kleinen Aufpreis zahlen; das Geld wird für Ausgleichsprojekte gespendet, etwa für die Aufforstung von Wäldern. Wie können Anbieter solche Optionen attraktiver machen und nutzen, um das Kundenvertrauen zu stärken? Sie könnten Kunden zum Beispiel ein personalisiertes Zertifikat ausstellen, das „ihren“ neu gepflanzten Baum zeigt und einige Informationen zum Projekt erzählt.
Mit nachhaltigen Produkten können Online-Händler neue Märkte erschließen. IKEA zeigt, wie sich mit den eigenen Produkten ein nachhaltiges Leben gestalten lässt. Rückläufer werden günstiger verkauft. Gerade letzteres bietet hohes Potenzial für den E-Commerce: die Nachfrage nach gebrauchten und wiederaufbereiteten (refurbished) Produkten steigt. Sie lösen bei Verbrauchern gleich zweifach Freude aus: wegen des guten Gewissens und des günstigeren Preises. Mithilfe von externen Plattform- und Fullfillment-Anbietern können Online-Shop solche Gebrauchtmarktplätze relativ einfach in ihr Sortiment integrieren.
Jedoch darf der Nachhaltigkeitstrend nicht über eines hinwegtäuschen: Die Mehrheit der Kunden ist nicht bereit, deshalb (deutlich) mehr zu bezahlen. Die Jagd nach günstigen Preisen geht weiter. E-Commerce-Unternehmen müssen also mehr bieten, ohne dass es am Ende mehr kostet. Die Lösung dafür sind unter anderem konsequente Automatisierung und Personalisierung – womit sich unser Kreis der E-Commerce-Trends 2023 schließt.